![]() |
Home Pressearchiv Zur Geschichte... Neue Erfahrungen im Wandel der Zeit | |||
Neue Erfahrungen im Wandel der Zeit | ||||
Die MAZ blickt zurück in die 50-jährige Geschichte der Perleberger Spielleute / Heute: 1989 bis jetzt | ||||
Märkische Allgemeine vom 3. September 2005 | ||||
Perleberg Nur kurz nach der 750-Jahr-Feier Perlebergs
kam die Wende. Damit änderte sich natürlich auch für den
Perleberger Spielmannszug alles. Er wurde von der BSG zu einem eingetragenen
Verein. Am 9. August 1990 fand dafür die Gründungsversammlung
statt, und am 2. Oktober, also einen Tag vor der Wiedervereinigung, war
die Eintragung ins Prignitzer Vereinsregister unter der Nummer 117 perfekt.
Die alten Leistungsklassen verschwanden nach der Wende mit dem Entstehen
der Landesmeisterschaften, auch wenn die Bewertungen vergleichbar geblieben
sind. Anfang der Neunziger wurde dann auch der Pflichtwettkampf abgeschafft.
Das gemeinsame Spiel mehrerer Züge wurde so eingeschränkt, aber
dafür konnte jeder seinen eigenen Stil entwickeln ganz analog
zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Dennoch wünschen sich die
alten Mitstreiter manchmal noch mehr Märsche im Programm, alleine,
wie es Gerhard Dröge erklärte, um so noch das Zusammenspiel verschiedener
Züge zu Veranstaltungen wie den kommenden Landesmeisterschaften zu
ermöglichen. Das wird aber wohl auch klappen, denn Sandra Dröge
weiß, dass die teilnehmenden Züge mindestens fünf Stücke
als gemeinsamen Bestand haben. Den ersten Westkontakt hatten die Perleberger Spielleute am Wochenende der Währungsunion Anfang Juli 1990. Da ging es zum internationalen Treffen der Spielmannszüge in Rastede. "Viele beglichen ihren Busbeitrag mit dem Begrüßungsgeld", erzählte Klaus Dröge, der damals noch weitere sieben Jahre als Vorsitzender vor sich haben sollte. Wegen der Perleberger und eines anderen teilnehmenden Vereins wurde damals sogar noch die DDR-Flagge gehisst, denn noch gab es ja zwei Deutschlande. Alles war neu für die Gäste aus der Prignitz. Aber dank einer perfekten Organisation und der Gastfreundlichkeit der Rasteder, die ihre Gäste privat unterbrachten, wurde es ein einmaliges Erlebnis. Gerhard Dröge erzählt, dass es heute noch private Kontakte zu den damaligen Gastgebern gibt. Ganz außergewöhnlich war ein Empfang im Schloss von Rastede, den Herzog Anton Günter von Oldenburg gab. Über die damals gereichte Gurkenbowle gab es unter den anwesenden Perlebergern im Nachhinein durchaus unterschiedliche, wenn auch meist sehr positive Meinungen. Gewöhnungsbedürftig waren jedoch die so ganz anderen Anreden wie zum Beispiel "Exzellenz". So musste Klaus Dröge auch eine etwas andere Begrüßungsansprache halten, in der das Wort "Genosse" nicht vorkam. Inzwischen sind die Perleberger bereits sieben Mal in Rastede gewesen. Dabei gelang ihnen auch ein ganz großer Erfolg, wurden sie doch 2001 internationaler deutscher Meister in der Konzertbewertung der Spielmannszüge. Der Kinderzug belegte bei gleicher Gelegenheit den ersten Platz in der Marsch- und Standspielbewertung. In der Zeit nach der Wende kam auch der Kontakt mit den Spielleuten aus Pinneberg zustande, das ja auch eine Partnerstadt von Perleberg war. Bis heute besteht dieser Kontakt, während hingegen der in den Landkreis Lüchow-Dannenberg nach anfänglichen Besuchen doch mittlerweile ganz eingeschlafen ist. Immerhin trat der Perleberger Spielmannszug früher mehrfach beim Schützenfest in Gorleben auf und auch beim Stadtfest in Lüchow. Ein ganz tolles Erlebnis war die Teilnahme 1992 an einer Veranstaltung im spanischen Calella. Dort erhielten die Perleberger ebenfalls eine Auszeichnung. Punktgleich mit dem Drittplatzierten wurden sie damals Vierte. Ein klein wenig ärgert sie das noch heute, denn eine bessere Platzierung blieb ihnen unter anderem verwehrt, weil sie nicht mit dem Rücken zum Publikum spielen wollten und dafür dem Wettkampfgericht den Rücken zuwandten. Trotzdem bleiben Erinnerungen an eine richtige Sportgala mit 300 insgesamt aus dem Land Brandenburg angereisten Gästen sowie ein Besuch im Stadion Nou Camp des FC Barcelona, von dem heute noch ein Wimpel dieses katalonischen Traditionsvereins mit der Originalunterschrift des damaligen "Barca"-Trainers Johan Cruyff kündet. An einer weiteren Veranstaltung mit internationaler Beteiligung nahmen die Perleberger Spielleute im Jahr 2000 in Husum teil. Dort belegten sie unter 15 Teilnehmern den dritten Platz. Weiter waren die Perleberger 1993 in Unna beim nordrhein-westfälischen Landesturnfest dabei. Ebenfalls 1994 gaben sie im Rahmen des Brandenburgtages beim Turnfest in Hamburg ihre musikalische Visitenkarte ab. Am 5. Oktober 2002 spielten die Rolandstädter beim Musikfest in Ludwigslust. Das werden sie auch in diesem Jahr wieder tun, und im Gegenzug kommen die Ludwigsluster als Besucher auch zur Landesmeisterschaft nach Perleberg. Das Vereinsleben selbst nahm Mitte der neunziger Jahre einen deutlichen Aufschwung. 1990 startete der neue e. V. mit 56 Mitgliedern, 1995 waren es bereits 71. Doch einen großen Nachwuchsschub gab es 1996, als die Mitgliederzahl auf 97 in die Höhe schnellte. "Damals kam unser Nachwuchs erst wieder richtig in Gang", erzählt die heutige Vorsitzende Sandra Dröge. Wie überall sind solche Entwicklungen immer mit dem Engagement einzelner Personen verbunden. Sandra Dröge nennt stellvertretend die Schwestern Carina und Jeannette Gall. Letztere dürfte alten MAZ-Lesern auch noch als Nachwuchsautorin in der Lokalausgabe bekannt sein. Der Kinderzug nahm in den Jahren 1995 bis 2002 jedes Jahr an einem Wettkampf teil. Auf Vereinsebene endete 1997 nach 33 Jahren eine Ära, als Klaus Dröge den Vorsitz abgab. Zunächst übernahm diesen für ein Jahr Lutz Pittack. Ihm folgten 1998 Rainer Biermann und 2004 Sandra Dröge. 1996 hat sich der Spielmannszug eine Ehrenordnung gegeben. Seitdem haben 18 Mitglieder die goldene Ehrennadel für mindestens 20 Jahre Mitgliedschaft erhalten. Die beiden letzten Vereinsjubiläen vor der jetzt bevorstehenden 50-Jahr-Feier wurden gebührend begangen. 1995 gab es zum 40. Jahrestag der Gründung ein Spielleute-Treffen mit sechs befreundeten Vereinen und einem "Ehemaligen-Zug", mit dem einige frühere Mitstreiter wieder reaktiviert werden konnten. Davon sind auch jetzt noch je einer aktiv und passiv dabei. Zum 45. Geburtstag gab der Spielmannszug vor fünf Jahren sein erstes Konzert im Wallgebäude; weitere sollten folgen. Überhaupt bemühen sich die Perleberger Spielleute darum, auch für junge Leute attraktiver zu werden. Zwischendurch gab es für einige Jahre auch Cheerleader im Verein, und mit ungewöhnlichen Konzerten zeigten die Perleberger Spielleute zum Beispiel 2004, dass sie nicht nur artig, sondern auch anders sein können. Das ist alleine wichtig, weil auch beim Spielmannszug Perleberg wie bei nahezu jedem Verein der Nachwuchs nicht mehr ganz so zahlreich kommt. Immerhin aber hat der Verein aktuell noch 89 aktive (sic!) und 30 passive Mitglieder. Stolz sein kann er darauf, mittlerweile 50 Musiker mit Leistungsabzeichen und mit Sandra Dröge sogar eine Dirigentin für Spielmannszüge auf der höchsten Ausbildungsstufe hervorgebracht zu haben. Dazu beigetragen hat auch, dass die Perleberger Spielleute seit 1994 regelmäßig an Lehrgängen auf der Bundesmusikschule in Bad Gandersheim im Westharz teilnehmen. 2002 konstituierte sich ein Förderverein für den Spielmannszug, dessen Vorsitzender Bernd Lengning ist. Hintergrund war bereits die damals schon feststehende Ausrichtung der Landesmeisterschaften der Turnermusiker am 10. September 2005. Doch ist der Förderverein auch darüber hinaus rührig, wie Klaus Dröge erklärte. Im Rückblick auf nunmehr fünf Jahrzehnte Perleberger Spielmannszug ist ihm der Dank an all diejenigen wichtig, "die uns in jeglicher Form unterstützt haben". Das waren nicht wenige, und viele davon werden wohl auch am 10. September dabei sein. Bernd Atzenroth |
||||
|
||||